Consortiumnews: Ein Film auf der schwarzen Liste und der neue Kalte Krieg

Übersetzung eines Artikels von Robert Parry auf consortiumnews

02. August 2017

Sonderbericht: Während der Kongress immer noch über das kremlfeindliche Magnitsky-Narrativ schwärmt, weigern sich westliche Politiker und Medienführer, ihrem Volk einen Dokumentarfilm zu zeigen, der die Fabel entlarvt, berichtet Robert Parry.

Von Robert Parry (Aktualisiert am 4. August mit mehr darüber, dass Magnitsky kein Anwalt ist.)

Warum haben die Mainstream-Medien in den USA solche Angst vor einem Dokumentarfilm, der die beliebte Geschichte entlarvt, wie „Anwalt“ Sergei Magnitsky massive Korruption in der russischen Regierung aufdeckte und infolgedessen starb? Wenn der Dokumentarfilm so fehlerhaft ist, wie seine Kritiker behaupten, warum lassen sie ihn dann nicht der amerikanischen Öffentlichkeit zeigen, legen seine angeblichen Fehler dar und nutzen ihn als Fallstudie dafür, wie eine solche Fälschung funktioniert?

Filmregisseur Andrei Nekrasov, der „The Magnitsky Act: Behind the Scenes“ produzierte.
Filmregisseur Andrei Nekrasov, der „The Magnitsky Act: Behind the Scenes“ produzierte.

Stattdessen sind wir – im Land der Freien, der Heimat der Tapferen – davor geschützt, diesen Dokumentarfilm des Filmemachers Andrei Nekrasov zu sehen, der als scharfer Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin bekannt war, in diesem Fall aber die im Westen weithin akzeptierte Magnitsky-Storyline als Schwindel entlarvte.

Stattdessen saßen die Mitglieder des Justizausschusses des Senats letzte Woche gespannt da, als der Hedgefonds-Betreiber William Browder sie mit einer Wiederholung seiner Magnitsky-Geschichte begeisterte und Menschen, die das Narrativ in Frage gestellt haben, und diejenigen, die es wagten, letztes Jahr den Dokumentarfilm einmal im Newseum in Washington auszustrahlen, anregte, sie sollten wegen Verstoßes gegen das Foreign Agent Registration Act (FARA) strafrechtlich verfolgt werden.

Es scheint, dass die Anti-Russland-Hysterie des offiziellen Washington ein solches Ausmaß erreicht hat, dass alte Vorstellungen, man müsse beide Seiten einer Geschichte hören oder die Wahrheit auf dem Markt der Ideen testen, beiseite geschoben werden müssen. Das neue politische/mediale Paradigma besteht darin, das amerikanische Volk vor Informationen zu schützen, die den vorherrschenden Narrativen widersprechen, um es umso besser dazu zu bringen, sich hinter diejenigen zu stellen, die es am besten wissen.

Nekrasovs kraftvolle Dekonstruktion des Magnitsky-Mythos – und das anschließende Blacklisting des Films in der „freien Welt“ – erinnert an andere Fälle, in denen die Propagandalinien des Westens einer Überprüfung nicht standhalten, sodass Zensur und Ad-hominem-Angriffe zu den Mitteln der Wahl werden, um Narrative des „Wahrnehmungsmanagements“ in geopolitischen Brennpunkten wie dem Irak (2002-03), Libyen (2011), Syrien (2011 bis heute) und Ukraine (2013 bis heute) zu verteidigen.

Aber der Magnitsky-Mythos nimmt als bahnbrechende Erfindung des gefährlichen Neuen Kalten Krieges zwischen dem atomar bewaffneten Westen und dem atomar bewaffneten Russland einen besonderen Platz ein.

Auch in den Vereinigten Staaten hat sich das Russland-Bashing in der New York Times und anderen „liberalen Medien“ mit dem tiefsitzenden Hass auf Präsident Trump vermischt, was dazu geführt hat, dass alle normalen journalistischen Standards über Bord geworfen wurden.

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Weitere Bausteine zum Verständnis der heutigen Situation

Warum der Westen Putin hasst… (gefunden über NNE)

Zitat aus einem Artikel der Le Monde diplomatique vom 12.03.1999

VIERZIG Jahre lang hat sich der Westen Sorgen wegen der großen Macht der Sowjetunion gemacht. Heute ist es der Zerfall Rußlands, der beunruhigt – zumindest dem Anschein nach, denn die Mitverantwortung der G7, des Internationalen Währungsfonds und all derer, die nach der „Reform“ gerufen hatten, ist enorm. Wenn die Krise nach dem Zusammenbruch des „Kommunismus“ und der Perestrojka sich nun zu einer Katastrophe für das Land auswächst, dann geschieht das wegen des Raubzuges, den die neuen Oligarchien ud Mafias in Konkurrenz mit dem internationalen Finanzkapital und unter der schweigenden Komplizenschaft der Jelzin-Regierung auf das Land verübt haben.

Weiter heißt es dort:

Seit 1991 haben Liberalisierungs- und Privatisierungsmaßnahmen sowie das Prinzip völlig ungehemmter Marktfreiheit zu einer fortschreitenden Kriminalisierung der Wirtschaft und zur Bereicherung einer verschwindend kleinen Minderheit von Raubrittern und Halsabschneidern geführt. Die Impresarios dieser Konterrevolution bezeichnen Rußland als „Schwellen“-Land, ohne daß sie freilich erwähnen würden, was Rußland mit dem Überschreiten dieser Schwelle zurückgelassen hat. Diese Jünger des Neoliberalismus bekamen tatkräftige Hilfe von der US-amerikanischen Botschaft in Moskau, die kostenlos mehrere tausend Exemplare des 1944 erschienenen Buches von Friedrich von Hayek, „Der Weg zur Knechtschaft“, in russischer Übersetzung verteilte. Sie rekrutierten sich hauptsächlich aus den Kreisen des neuen Kapitals (Sergej Kirijenko und Anatoli Tschubais) und der alten sowjetischen Nomenklatura (Wiktor Tschernomyrdin). Nachdem man sie „Reformpolitiker“ getauft hatte, durften sie den Segen der Führungskreise der Vereinigten Staaten, der Weltbank und des IWF genießen – jener Kräfte also, die den „Konsens von Washington“ verkörpern.

Als Putin an die Macht kam, machte er genau das rückgängig. Seitdem hassen „sie“ ihn abgrundtief.

Warum der Westen Zelensky liebt

Zitat aus einer Übersetzung auf IFFE

Der vom Westen unterstützte ukrainische Staatschef Wolodymyr Zelensky eröffnete die New Yorker Börse, indem er der Wall Street mitteilte, sein Land sei „offen“ für ausländische Unternehmen, die es mit 400 Milliarden Dollar an Staatsanleihen ausbeuten könnten. Der US-Amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson vergleicht die von der ukrainischen Regierung verhängten neuen arbeitsfeindlichen Notstandsgesetze mit der brutalen neoliberalen Politik, die von der rechtsextremen Pinochet-Diktatur in Chile nach einem von der CIA unterstützten Putsch im Jahr 1973 eingeführt wurde. „Natürlich wurde er an der Börse begrüßt, weil er die Rechte der Arbeiter abschaffte“, fügte Hudson hinzu. „Es gibt kein deutlicheres Beispiel für einen Klassenkrieg. „Die Ukraine ist das ärmste Land in Europa – aber Zelensky sagte, sie sei nicht arm genug. Er sagte: „Wenn Sie glauben, das ist etwas, dann warten Sie, bis unser neues Gesetz in Kraft tritt. Dann werden Sie sehen, was es bedeutet, das ärmste Land in Europa zu sein.“ „Aber es wird auch das reichste Land in Europa für die 1% sein“, schloss Hudson.

Zelensky macht genau das, was Jelzin Anfang der 90’er mit Russland gemacht hat

NATO: Kriegsmaschinerie des Wertewestens

Um die aktuelle Situation der Kriegshysterie einordnen zu können, hilft es vielleicht, sich etwas in Erinnerung zu rufen: nämlich, warum die NATO gegründet wurde. Lord Hastings Lionel Ismay, erster Generalsekretär der NATO (praktisch Stoltenbergs Urahn, Bruder im Geiste), plauderte aus dem Nähkästchen. (Falls die staatlich finanzierten „Faktenchecker“ wieder zuschlagen, das Zitat stammt aus einem deklassifiziertem Dokument der NATO himself)
Zitat:
Am Ende seiner Amtszeit war Ismay jedoch zum größten Befürworter der Organisation geworden, von der er zu Beginn seiner politischen Karriere bekanntermaßen gesagt hatte, dass sie geschaffen wurde, um „die Sowjetunion draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten“.

Der große Terror

(in Bearbeitung)

UdSSR 1937-1938, Säuberungsaktion, der mindestens 1,5 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Etwa die Hälfte von ihnen wurde hingerichtet. Allerdings ist dieser repressive Terror gegen die eigene Bevölkerung kein Alleinstellungsmerkmal des damaligen Stalin-Regimes. Während der französischen Revolution wurde durch durch Robespierre und die Jakobiner ähnlich gegen Widersacher und Feinde der herrschenden Doktrin vorgegangen.

Memorial Krasnojarsk teilt diese Säuberungsaktion in 4 aufeinander folgende Phasen [¹]:

  1. Oktober 1936 – Februar 1937: Umgestaltung der Sicherheitsorgane, Planung der Säuberungsmaßnahmen gegen alle potentiell aufmüpfigen Elemente unter den Eliten in Militär,  Verwaltung und des Parteiapparates
  2. März 1937 – Juni 1937: Verabschiedung von Gesetzen zur totalen Vernichtung aller unliebsamen Elemente der Gesellschaft, wie Kulaken, Verrätern, Saboteuren und Agenten (jeder konnte dazu erklärt werden), auch in den eigenen Reihen (die Revolution frisst ihre Kinder…)
  3. Juli 1937 – Oktober 1938: Ausweitung der Massenrepressionen und Sippenhaft gegen Angehörige von zu Vaterlandsverrätern erklärten Individuen
  4. November 1938 – 1939: Zurückfahren der Massenrepressionen, Freilassung von Gefangenen, Vernichtung Jeschows (Chef des NKWD) ) und seiner getreuen Kader

Ziele der organisierten Säuberungen

Stalin und Dimitrov, 1936
Stalin und Dimitrov, Zwei Architekten des großen Terrors

Es ist umstritten bzw. nicht abschließend geklärt, warum der große Terror initiiert worden ist. Die einen denken, es lag an Stalins Verfolgungswahn, andere wiederum gehen davon aus, dass die russische Gesellschaft von asozialen Elementen gereinigt werden sollte. Des weiteren kann man annehmen, dass die beschlossene Zentralisierung, die gewaltsame Industrialisierung, die Enteignungen der Kulaken und die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft nicht ohne Widerstand über die Bühne gehen würden. Um dem entgegen zu wirken, wurden sozusagen alle potentiell entgegengesetzten Kräfte prophylaktisch ausgeschaltet. Außerdem ließen sich auf diese Weise leicht Nebenbuhler, Konkurrenten und im Weg stehende Personen denunzieren. Wahrscheinlich sind die Ursachen eine Mischung aus allem.

Einen guten Grund, um mit diesen Repressionen zu beginnen, lieferte Stalin der Mord an den Ersten Sekretär der Leningrader Parteiorganisation Sergei Kirow. Später behauptete Nikita Chruschtschow, Stalin sei in die Tat verwickelt gewesen. Das ist nicht erwiesen, würde aber passen. Zitat Wikipedia:

Dieser, so die Vermutung in vielen älteren Biografien, sei erbost gewesen über das Ergebnis, das Kirow auf dem Parteitag von 1934, dem „Parteitag der Sieger“, erzielt habe. Kirow habe nur wenige der geheim abgegebenen Gegenstimmen erhalten, während auf Stalin und einige seiner engsten Getreuen jeweils über hundert Gegenstimmen entfielen. Aufgrund dieses überraschenden Resultats, das Stalin auf dem Delegiertentreffen nicht habe veröffentlichen, sondern fälschen lassen, sei sein Entschluss gereift, die „alte Garde“ der Bolschewiki endgültig zu beseitigen.

Methoden

Die Trojkas
Lubjanka, Sitz des NKWD
Lubjanka, Sitz des NKWD

Am 30. Juli 1937 erging der Befehl Nr. 00447 des NKWD „Über die Repression ehemaliger Kulaken, Krimineller und anderer anti-sowjetischer Elemente“. Die Trojkas waren aus drei Leuten bestehende Standgerichte, die jeden, den sie irgendeines Vergehens beschuldigten, sofort und ohne Berufung erschießen konnten. Sie setzten sich aus dem örtlichen Vertreter des NKWD, dem Staatsanwalt der betreffenden Region und dem regionalen Parteisekretär zusammen. Es versteht sich von selbst, dass das der Denunziation und persönlicher Willkür Tür und Tor geöffnet hat. Jede missliebige Person lief Gefahr, vor so ein Standgericht gestellt zu werden.

Schauprozesse

In den Schauprozessen wurden vorrangig ehemalige Gefolgsleute und Trotzkisten öffentlich vorgeführt, die man als Volksschädlinge, Spione, Saboteure und Verschwörer hinstellte. Selbst Kader aus dem NKWD waren nicht davor gefeit, vor so ein Tribunal gestellt zu werden. Man denke nur an Jagoda, Jeschow oder altgediente Angehörige der roten Armee.

Quellen und weiterführende Hinweise

[¹] „Der Große Terror“: 1937-1938 . Kurz-Chronik, Memorial Krasnojarsk
[²]

↑ Andrew M. Lobaczewski: Political Ponerology, A Science on the Nature of Evil Adjusted for Political Purposes. Verlag Red Pill Press, Canada. 2006
↑ Eugen Ruge: Metropol. Roman. Rowohlt Verlag 2019, ISBN 9783498001230

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